Der Arbeitsmarkt der Zukunft

Frühwarnsignale im Blick: So erkennen Arbeitgeber Unzufriedenheit schon in der Probezeit

Als Arbeitgeber subtile Anzeichen richtig deuten

In diesem Beitrag betrachten wir die möglichen Fallstricke in der Probezeit aus der Sicht des Arbeitgebers, um möglichst frühzeitig konstruktiv eingreifen zu können. Im nächsten Blogbeitrag wechseln wir die Perspektive und beleuchten, wie Kandidaten Warnzeichen in der Probezeit erkennen und handeln können.

Als Personalverantwortlicher haben Sie mit einem strukturierten und sorgfältigen Recruitingprozess bereits viel getan, um den „richtigen“ Mitarbeiter auszuwählen und ihm so einen erfolgreichen Start zu ermöglichen. Hilfreich ist dabei die Unterstützung durch eine Personalberatung in der Kandidatensuche und -vorauswahl, wie wir sie durchführen, insbesondere da bei der Personalauswahl Verzerrungen und Bias eine erhebliche Rolle spielen. Diese unbewussten Verzerrungen können verhindern, dass objektiv die besten Kandidaten ausgewählt werden. Deshalb prüfen wir vorab neben der fachlichen Qualifikation ebenso die persönliche Eignung mit den erforderlichen Soft Skills, aber auch den Wertevorstellungen. Es zeigt sich immer wieder, dass der Cultural Fit einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist. Passt die Persönlichkeit nicht oder in nur wenigen Punkten mit der des Arbeitgebers zusammen, sind Unzufriedenheit, Demotivation und sinkende Leistungsbereitschaft vorprogrammiert.

Berücksichtigt man diese Faktoren, nimmt sich Zeit für den Bewerber und führt einen bestmöglichen Recruitingprozess durch, ist dies trotzdem keine Garantie dafür, dass der Mitarbeiter ins Unternehmen passt. Der Prozess kann niemals alle Facetten einer Zusammenarbeit vorwegnehmen. Letztendlich erkennt man erst im Arbeitsalltag, ob der Mitarbeiter wirklich in das Team, die Unternehmenskultur und die Anforderungen passt.

Probezeit ganz gezielt nutzen

Daher ist die Probezeit von ganz besonderer Bedeutung, wollen wir doch möglichst schnell die offene Position langfristig besetzen. Ob 3 oder 6 Monate, in jedem Fall ermöglicht die Probezeit sowohl dem Unternehmen als auch dem neuen Mitarbeiter, zu überprüfen, ob die Erwartungen auf beiden Seiten erfüllt werden. Für das Unternehmen ist es eine Chance, die Arbeitsleistung, die Integration ins Team und die kulturelle Passung zu bewerten. Der Mitarbeiter kann herausfinden, ob die Aufgaben, die Arbeitsumgebung und die Unternehmenskultur seinen Vorstellungen entsprechen. Beide Parteien können in dieser Phase Anpassungen vornehmen oder, wenn nötig, die Zusammenarbeit beenden, bevor sie dauerhaft festgelegt wird.

Gründe, warum es manchmal einfach nicht passt

Fehlende Zeit

Wenn eine wichtige Position um jeden Preis schnellstens besetzt werden muss, werden die Gespräche mit Kandidaten unter einem gewissen Zeitdruck geführt, manchmal sogar nur remote. Man versucht den Wunschkandidaten schnell zur Unterschrift des Arbeitsvertrages zu motivieren und gibt vielleicht sogar Versprechungen rund um Gehalt und Benefits ab (Company Catfishing). Ob die Entscheidung richtig war, zeigt sich relativ schnell, in der Regel nach ein paar Wochen oder spätestens nach wenigen Monaten – eben in der Probezeit.

Das ist keine gute Ausgangssituation, denn vorschnelle Entscheidungen führen zu Blind Signing, dem unüberlegten Unterschreiben eines Arbeitsvertrags.

Aber auch, wenn Sie sich genug Zeit nehmen können, das Vorstellungsgespräch gut lief, man sich sympathisch ist, die Qualifikationen optimal passen, das Werteverständnis übereinstimmt und alle Zeichen auf Go stehen, kann es sein, dass der Bewerber eine Fehlbesetzung ist.

Verzerrungen und Bias

Bei der Personalauswahl spielen Verzerrungen und Bias eine erhebliche Rolle. Diese Verzerrungen entstehen oft unbewusst und können den Auswahlprozess negativ beeinflussen. Beispiele sind der sogenannte „Ähnlichkeits-Bias“, bei dem Kandidaten bevorzugt werden, die dem Entscheidungsträger ähneln, oder der „Bestätigungsfehler“, bei dem nur Informationen beachtet werden, die bereits bestehende Annahmen stützen. Es ist daher wichtig, strukturierte und objektive Kriterien zu nutzen, um diesen Einflüssen entgegenzuwirken. Ausführlich haben wir zur Personalauswahl in diesem Blogbeitrag geschrieben.

Persönliche Chemie

Natürlich können bei der Personalauswahl nicht alle später beteiligten Kollegen, Teammitglieder und Führungskräfte involviert werden. Daher kann es sein, dass es im Team zwischenmenschlich nicht harmoniert. Manchmal zeigt es sich eher unterschwellig durch schlechte Stimmung oder Ausgrenzung. Manchmal sehr eindeutig, z.B. durch die Weigerung mit einem bestimmten Kollegen zu arbeiten. Eine produktive Zusammenarbeit ist hier oft nicht mehr möglich.

Arbeitsweise und Tempo

Manche Mitarbeiter erweisen sich in der täglichen Praxis als langsamer oder benötigen mehr Unterstützung, als im Vorstellungsgespräch vermittelt wurde. Zu klären ist, ob es sich um verhaltensbedingte Gründe handelt, also begründet in der Motivation oder um personenbedingte Gründe, die sich auf die Eignung beziehen.

Anpassung an die Unternehmenskultur

Es kommt vor, dass es dem neuen Mitarbeiter schwer fällt, sich an die spezifische Unternehmenskultur, die Kommunikationswege oder Entscheidungsprozesse anzupassen, obwohl es zunächst vielversprechend wirkte. Das ist aber wichtig, denn die Zufriedenheit mit der Unternehmenskultur (Cultural Fit) wirkt sich direkt auf die Identifikation mit dem Job und dem Arbeitgeber aus. Nur wenn Werte und Einstellungen zusammen passen, sind die Erfolgschancen für einen langfristig zufriedenen und motivierten Mitarbeiter hoch.

Falsche Erwartungen auf beiden Seiten

Sowohl der Mitarbeiter als auch das Unternehmen können im Vorfeld unterschiedliche Vorstellungen von den Aufgaben, der Verantwortung oder den Karrieremöglichkeiten haben. Auf der einen Seite erhofft sich der Arbeitgeber eine schnelle Einarbeitung und Leistungserbringung, auf der anderen Seite erwartet der neue Mitarbeiter Unterstützung und Integration. Aber auch die Kollegen hoffen auf eine Arbeitsentlastung und einen Kollegen, der menschlich gut ins Team passt.

Die Probezeit bietet daher eine wichtige Chance, diese Aspekte zu prüfen. In den ersten Monaten ist es besonders wichtig, zeitnah zu reagieren. Nachfolgend haben wir Warnzeichen zusammengestellt, die darauf hindeuten, dass ein Mitarbeiter möglicherweise nicht glücklich ist bzw. nicht ins Unternehmen passt.

Warnzeichen in der Probezeit

Verhaltensänderungen und mangelnde Integration

Der Teamfit ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Mitarbeiter, die gut ins Team passen, sind zufriedener und produktiver. Ein harmonisches Team schafft den Rahmen für Innovation und Motivation. Fehlbesetzungen können zu Konflikten führen und das ganze Teamgefüge beschädigen, so dass sich das Arbeitsklima verschlechtert. Dies möglichst früh zu erkennen ist wichtig, um langfristig Probleme, auch in der Produktivität, zu vermeiden.

Ein deutliches Warnzeichen in der Probezeit ist es, wenn der neue Mitarbeiter Schwierigkeiten hat, sich ins Team zu integrieren. Dies zeigt sich häufig durch Rückzug oder geringe Beteiligung an Teamaktivitäten, z.B. während der Mittagspause oder nach Feierabend. Ein Mitarbeiter, der sich isoliert oder nur das Nötigste kommuniziert, könnte ein Zeichen dafür sein, dass er sich im Unternehmen nicht wohlfühlt. Anhaltende Konflikte, Missverständnisse oder wiederkehrende Diskussionen könnten ebenfalls ein Hinweis auf Unzufriedenheit sein.

Wichtig ist, dass Sie als Arbeitgeber frühzeitig das Gespräch suchen und herausfinden, wo die Probleme liegen, um Unterstützung bieten zu können.

Leistungseinbruch und geringe Motivation

Ein relativ deutlicher Indikator für Unzufriedenheit ist ein merklicher Leistungsabfall. Während der erste Eindruck vielleicht noch von Motivation und Engagement geprägt war, kann sich dies im Laufe der ersten Wochen oder Monate deutlich verändern. Wenn Aufgaben plötzlich nachlässig erledigt werden, die Arbeitsqualität sinkt oder Projekte unvollendet bleiben, ist dies ein Alarmsignal. Gleiches gilt für weniger Eigeninitiative, häufige Verspätungen und immer wiederkehrende Krankmeldungen. Sie können darauf hindeuten, dass der Mitarbeiter die Motivation verloren hat oder sich mit der Position nicht identifiziert. Vermeidet er die Übernahme von Verantwortung, übernimmt ungern oder gar keine neue Aufgaben, hat sich der Mitarbeiter vielleicht schon innerlich distanziert.

Es lohnt sich, hier nach den Ursachen zu forschen und Unterstützung anzubieten. Neue Kräfte bringen oft eigene Ideen mit, haben andere Erfahrungen gemacht und möchten diese einbringen. Zeigen Sie die Möglichkeiten auf, Änderungen vorzunehmen, die im Rahmen der Unternehmensstrategie und -kultur machbar sind. Zeigen Sie aber auch Grenzen, denn trotz aller Bemühungen, wird es immer wieder vorkommen, dass neue Mitarbeiter nicht zu Ihrem Unternehmen passen.

Negative Einstellung und offene Unzufriedenheit

Sind es bisher versteckte kleine Warnsignale, kann aber auch die wehende roter Flagge erkennbar sein, die leider anzeigt, dass der Mitarbeiter die Probezeit nicht übersteht. Fängt er in der Probezeit an, offen über seine Unzufriedenheit zu sprechen, ist dies ein klares Zeichen, dass etwas nicht stimmt.

Dies kann sich in ständiger Kritik oder Nörgelei an der Arbeitsumgebung, der Unternehmenskultur oder den Arbeitsabläufen äußern. Mitarbeiter, die zudem immer wieder betonen, dass sie sich nach anderen Jobmöglichkeiten umsehen oder mit alternativen Karrierewegen liebäugeln, senden deutliche Signale, dass sie innerlich bereits gekündigt haben.

Arbeitgeber sollten in solchen Fällen schnell handeln und das Gespräch suchen, um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und eventuell Lösungen zu finden, die den Mitarbeiter zum Bleiben bewegen – oder sie müssen eben die Konsequenzen ziehen.

Ein offenes Gespräch kann helfen, die wahren Bedürfnisse zu erkennen. Für Sie eröffnen sich konkrete Möglichkeiten zu reagieren.

So gelingt die Probezeit

Ein gut organisiertes und strukturiertes Onboarding und eine gute fachliche Einarbeitung sind das A und O jeder Probezeit. Dazu zählen u.a. Feedbackgespräche als Zwischenbilanz zur Halbzeit der Probezeit, um Warnzeichen zu erkennen und evtl. noch Maßnahmen einleiten zu können, genauso wie zum Ende der Probezeit. In jedem Fall erhalten Personalverantwortliche und Führungskräfte wertvolle Informationen, wenn Sie nach der Zufriedenheit mit dem Arbeitsbereich, dem Arbeitsumfeld und dem Aufgabengebiet fragen. Schätzen Sie die Vorschläge für Optimierungen, die nur ein frischer Blick von außen erkennt.

Wie schon betont, ist die Teamintegration ein wesentlicher Faktor. Gehen Sie ins Gespräch und hinterfragen Sie, ob er gut ins Team eingebunden ist? Wird er ausreichend unterstützt, kennt er die internen Abläufe und Zuständigkeiten? Hat er einen „Paten“ an seiner Seite oder einen Mentor? Beides sind erfolgreich etablierte Modelle, die für eine bessere Integration und Leistung neuer Mitarbeiter sorgen.

Wenn es aber doch zu einer Kündigung kommt, dann auf jeden Fall in einem persönlichen Gespräch. Sprechen Sie mit ihm, um ihm persönlich zu sagen, warum es nicht passt. Bleiben Sie sachlich. Eine wertschätzende Trennungskultur gibt dem ganzen Prozess einen passenden Abschluß, auch im Hinblick auf das Team, die sehen, wie ein Kollege respektvoll und fair behandelt wird. Das stärkt das Vertrauen in den Arbeitgeber und motiviert die verbleibenden Mitarbeiter.

Fazit: Aus unserer Erfahrung möchten wir betonen, dass Mitarbeiter, die während der Probezeit Anzeichen von Unzufriedenheit zeigen, oft durch rechtzeitiges Eingreifen und offene Gespräche gehalten werden können. Dafür ist es notwendig, als Arbeitgeber auf Warnsignale zu achten und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu ergreifen, bevor eine Kündigung unausweichlich wird. Gern unterstützen wir Sie mit unserem Coachingangebot für Führungskräfte. Sprechen Sie uns gern an.

Zum Weiterlesen

Spiegel, Januar 2020
Wie verhalte ich mich, wenn es mit dem neuen Job nicht passt?

Personio, Oktober 2018
Wenn der neue Mitarbeiter eine Fehlbesetzung ist

 

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