Abschiednehmen mit Wertschätzung: Wie ein gelungener Offboarding-Prozess die Mitarbeiterbindung stärkt
Offboarding so wichtig wie Onboarding
In den nächsten Jahren werden zahlreiche Menschen aus den Babyboomer-Jahrgängen in den Ruhestand treten (Studie Statistisches Bundesamt „Erwerbstätigkeit älterer Menschen“). Daher ist es für Unternehmen aller Branchen von großer Bedeutung, die Altersstruktur im Unternehmen im Blick zu behalten. Wer ist 55 Jahre oder älter, an welchen Positionen wird sich die Lücke besonders stark auswirken, welche Ressourcen könnten nachrücken, uvm.? Der große Vorteil ist, dass sich Unternehmen auf den Tag X vorbereiten können uns sollten. Denn genauso wichtig wie ein durchgeplanter Recruiting-bzw. Onboarding-Prozess ist ein strukturierter Offboarding-Prozess für Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen.
Immer mehr zukünftige Rentner in Unternehmen
Wir leben mitten im demographischen Wandel. Dieser fordert nicht nur ein Umdenken im Onboarding, sondern auch beim Offboarding. Unternehmer, Management, Führungskräfte – letztendlich natürlich die HR-Verantwortlichen – sollten sich besser heute als morgen Gedanken machen, welchen Stellenwert diese letzte Phase im Employee Lifecycle hat und welche Kriterien sie für das Offboarding etablieren möchten. Es gilt zu klären, wie der Übergang in den Ruhestand erfolgreich gestaltet werden kann, wann es sinnvoll ist, das Gespräch mit dem Mitarbeitenden zu suchen, wie man die Übergabeprozesse plant und welche Abschiedsrituale angemessen und gewünscht sind. Es liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber, diese Fragen (und Antworten) zu definieren und sicherzustellen, dass der Prozess für alle Beteiligten zuverlässig abläuft.
Warum Offboarding wichtig ist
Die Wichtigkeit dieses Prozesses wird leider noch oft unterschätzt. Viele Manager und Führungskräfte glauben, dass die Verantwortung endet, sobald die Mitarbeiter das Unternehmen (auf natürlichem Wege) in die Rente verlassen. Dabei wird oft übersehen, dass jede Veränderung in Teams Verunsicherung bei den verbleibenden Kollegen auslösen kann. Sie bemerken sehr genau, wie ein langjähriger Mitarbeiter behandelt wird, wie seine Leistungen, die zum Erfolg des Unternehmen beigetragen haben, gewürdigt werden.
Signalwirkung nicht unterschätzen
Unternehmen tun gut daran, diese Signalwirkung – nach innen und nach außen – nicht zu unterschätzen. Es geht nicht nur um die Anerkennung für eine bestimmte Aufgabe, sondern für die gesamte Lebensarbeitsleistung. Es ist beschämend, wenn es keinen ordentlichen Abschied gibt oder wenn dieser nur aus einem Blumenstrauß oder einer unpersönlichen E-Mail besteht, in der man gebeten wird, seine Schlüssel und Unterlagen abzugeben.
Die Mitarbeitenden beobachten aufmerksam, wie das Unternehmen seinen ehemaligen Kollegen gegenüber Wertschätzung ausdrückt. Diese Eindrücke verbreiten sich schnell über den Flurfunk, bis hin zu anderen Standorten, innerhalb des Bekannten- und Freundeskreises und absolut öffentlich über Arbeitgeber-Bewertungsplattform wie kununu.
Offboarding als Teil der Unternehmenskultur
Große Themen wie Recruiting, Fachkräftemangel und Employer Branding gelangen inzwischen immer selbstverständlicher auf die Agenda von HR und Management. Die gleiche Aufmerksamkeit auf den letzten Abschnitt in einem Arbeitgeber-Arbeitnehmerverhältnis fehlt aus unserer Erfahrung noch viel zu häufig in Bezug auf das Offboarding, das ein wichtiger Bestandteil des Personalmanagements ist. Anerkennung, Respekt und Wertschätzung haben kein Verfallsdatum oder hören nach dem Beenden der Probezeit auf. Diese Werte sollten als Teil einer werteorientierten Unternehmenskultur den Übergang in die Rente mit Hilfe eines gelungenen Offboarding-Prozess begleiten.
Unternehmen sollten bestehende Prozesse und Standards hinterfragen sowie feste Rituale implementieren, um Mitarbeitenden mit einem Gefühl der Wertschätzung zu verabschieden. Dazu gehört es auch, Führungskräfte für dieses Thema zu sensibilisieren und einzbinden, genauso wie die offene Kommunikation, um die Erwartungen und Wünsche der ausscheidenden Mitarbeitenden zu kennen.
Früher ist besser
Planen Sie das Offboarding lieber früher als zu spät, d.h. beginnen Sie im besten Fall drei Jahre im Voraus mit den Vorbereitungen. Denn gerade an Schlüsselpositionen, wird sich der Weggang besonders deutlich bemerkbar machen. Als Personalberater empfehlen wir, hier schon frühzeitig die Stelle auszuschreiben, interne Nachfolger anzusprechen, das Auswahlverfahren der Nachfolge und auch die Einarbeitung zu planen. Gute Erfahrungen haben wir mit sog. Tandems gemacht. Ein Tandem von alter und neuer Arbeitskraft ist ausgesprochen förderlich für die Einarbeitung und den Abschluss mit den Aufgaben der Person, die ausscheidet.
Wertvolles Wissen sichern
Wenn ein Mitarbeiter in den Ruhestand geht, verliert das Unternehmen nicht nur eine Person, sondern auch wertvolles Wissen und Erfahrung. Es ist daher wichtig, dass dieser Wissens- und Erfahrungsschatz rechtzeitig dokumentiert und an die Kollegen weitergegeben wird. Eine Möglichkeit hierfür ist eine Art Mentoring-Programm ins Leben zu rufen, bei dem ältere Mitarbeiter ihre Erfahrungen an jüngere Kollegen weitergeben. Auch die Erstellung von Handbüchern oder die Nutzung von Wissensmanagement-Systemen kann dabei helfen, das Wissen der ausscheidenden Mitarbeiter zu bewahren und für die Kollegen zugänglich zu machen. Indem Unternehmen auf diese Weise das Wissen ihrer erfahrenen Mitarbeiter bewahren, können sie langfristig wettbewerbsfähig bleiben.
Offboarding Checkliste
Nutzen Sie eine Checkliste, unabhängig vom System, sollte sie die drei wichtigsten Fragen beantworten: Wer macht was bis wann. Zusammen mit unten aufgeführten Punkten, kann ein dokumentierter Prozess, der sich immer wieder wiederholenden Aufgaben, helfen, effizient und zur richtigen Zeit alle Maßnahmen umzusetzen.
Acht wichtige Punkte bei der Offboarding Planung
- Frühzeitig Gespräch führen: HR sollte für alle Mitarbeitenden die möglichen Termine für den Ruhestand (aufgrund Tarif- oder Arbeitsvertrag oder gesetzl. Regelung) im Blick behalten und ein Gespräch suchen, um die persönlichen Pläne zu besprechen und sicherzustellen, dass alle notwendigen Schritte unternommen werden.
- Verantwortlichkeiten planen: Legen Sie fest, wer für den Offboarding-Prozess verantwortlich ist und erstellen Sie einen detaillierten Plan in chronologischer Reihenfolge mit exakten Terminen, um sicherzustellen, dass keine Frist versäumt oder keine Aufgabe vergessen wird.
- Übergabeprozess organisieren: Klären Sie, welche Aufgaben der Mitarbeiter noch zu erledigen hat und welche Übergabeprozesse notwendig sind, damit andere Mitarbeiter diese Aufgaben übernehmen können.
- Wissen erhalten: Überlegen Sie, wie Fachwissen bzw. persönliches Wissen z.B. zu Kunden, Lieferanten oder bezüglich von Projekten, erhalten bleiben kann. Tandem-Lösungen, Dokumentationen, Wissensmanagement-Systeme, Mentoring.
- Personalakten aktualisieren: Aktualisieren Sie die Personalakten des Mitarbeiters, um sicherzustellen, dass alle Informationen auf dem neuesten Stand sind.
- Abschiedsfeier organisieren: Planen Sie eine Abschiedsfeier? Gibt es ein Abschiedsgeschenk? Ob in kleinem Rahmen oder als größere Feier mit Rede und Geschenk, es geht um den Mitarbeitenden und dessen Leistungen. Legen Sie eine feste Bandbreite an Maßnahmen fest, damit nicht womöglich der eine eine goldene Uhr und der andere einen warmen Händedruck bekommt.
- Mitarbeiter informieren: Informieren Sie die (betroffenen) Mitarbeiter über den Abschied des Kollegen und den Grund dafür. Stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich zu verabschieden und ihm alles Gute zu wünschen.
- Rückgabe einplanen: Klären Sie, welche Unternehmenseigentümer (z.B. Schlüssel, Laptop, Mobiltelefon) zurückgegeben werden müssen und wie der Prozess dafür aussieht.
Unser Tipp: Bitten Sie den Mitarbeiter um Feedback über seine Erfahrungen im Unternehmen und darüber, wie der Offboarding-Prozess verbessert werden kann, um künftige Verabschiedungen zu erleichtern. Und evtl. würdigen Sie seine Leistungen intern und extern über eine Nachricht auf der Website, im Blog oder auf Ihren Social Media Kanälen.
FAZIT: Das Offboarding von Mitarbeitern, die in den Ruhestand gehen, ist ein wichtiger Prozess, der oft unterschätzt wird. Es ist jedoch von großer Bedeutung, das Wissen und die Erfahrung dieser Mitarbeiter zu würdigen und zu sichern. Unternehmen sollten hierfür geeignete Maßnahmen ergreifen. Eine würdige Verabschiedung und Anerkennung der Lebensarbeitsleistung trägt zur Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität bei. Ein gut organisierter Offboarding-Prozess kann somit langfristig zum Erfolg des Unternehmens beitragen.
Gern unterstützen wir Sie bei der Gestaltung eines individuellen Offboarding-Prozesses. Sprechen Sie uns an.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern auf dieser Website die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.