Unternehmenskultur

Die Vorteiler einer wertschätzenden Trennungskultur

Muss man eine Trennung von Mitarbeitenden wirklich managen?

Als Personaldienstleister liegt der Fokus von CONSIGEN auf dem Recruiting, also dem Finden neuer Mitarbeiter. Zur Zeit ist das auch der Fokus in den Unternehmen bzw. Personalabteilungen. Es wird viel Zeit, Energie und Budget in Recruitingmaßnahmen investiert. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke, die Präsenz auf Karrieremessen und Social Media, der Einsatz von Recruitingvideos und vieles mehr zeigen, dass branchenübergreifend der Fachkräftemangel neue Prioritäten setzt. Die Candidate Journey wird minutiös geplant und ist ganz oben angesiedelt auf der Agenda der Personalthemen.

Sicherlich ist dies notwendig und sinnvoll. Wir möchten aber heute den Blick auf das Verlieren von Mitarbeitern lenken. Ja, natürlich, das Gewinnen von etwas (Mitarbeitern) ist positiv und angenehmer als ein Verlust eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin. Führungskräfte beschäftigen sich nicht so gern mit diesem Szenario. Auch wenn wir nicht soweit gehen würden, eine Trennungssituation als Tabu zu bezeichnen, wird diese Situation zumindest verdrängt, obwohl sie sogar eine Chance sein kann.

Von der Candidate Journey zur Employee Experience

Die starke Außenwirkung einer strategischen Kommunikation als Arbeitgeber ist klar erkennbar. Unternehmen zeigen sich als attraktiver Arbeitgeber, bei dem es sich lohnt zu arbeiten. Die Strahlkraft der Unternehmensmarke oder Produktmarke wird verstärkt und puscht das Image. Man legt mit ein paar Benefits noch ein Schippchen drauf und ist noch cooler als die Konkurrenz, das streichelt das Ego.

Aber wie ist das mit einer gelebten Trennungskultur? Bekommt davon überhaupt jemand etwas mit, außer dem Betroffenen? Lohnt es sich, darüber nachzudenken, womöglich Verantwortlichkeiten und einen klaren Ablauf für alle Beteiligten zu implementieren?

Ja, sagen wir. Denn wenn sich ein Mitarbeiter vom Unternehmen trennt (freiwillig oder unfreiwillig), hat dies vielfältige Effekte an verschiedenen Stellen. Diese können positiv oder negativ sein. Und nur im Falle eines konstruktiven, strukturierten Trennungsmanagements ist überhaupt Einfluss möglich.

Verantwortung übernehmen – vom ersten bis zum letzten Arbeitstag

Die Erfahrungen eines Mitarbeiters und einer Mitarbeiterin in der Bewerbungsphase, dem Onboarding bis zum Ausscheiden können und sollten vom Unternehmen aktiv geprägt und geführt werden. Und auch die letzte Phase, die Trennungszeit, immer ein Teil der Employee Experience. Eine wertschätzende Trennungskultur sendet in dieser Phase ein deutliches Signal an die verbleibenden Mitarbeitenden. Diese beobachten, wie Führungskräfte mit der Situation umgehen und der scheidende Kollege behandelt wird.

Diese Erfahrungen haben direkten Einfluss auf die Motivation und die Produktivität, nicht nur bei den unmittelbaren Kollegen, sondern bei der gesamten Belegschaft. Positives, aber besonders Negatives, spricht sich schnell herum und verlässt unkontrolliert das Unternehmen. Damit wirkt sich die Art und Weise wie Trennungskultur gelebt wird, direkt auf die Arbeitgebermarke und die Reputation des Unternehmens aus.

Eine gelebte, positive Trennungs- und damit auch Unternehmenskultur kann…

  • ein gutes Arbeitsklima fördern
  • den Selbstwert des betroffenen Mitarbeiters bewahren
  • die Motivation der Mitarbeitenden erhalten oder steigern
  • eine positive Wirkung auf das Employer Branding haben
  • das Risiko schlechter Bewertungen und Beiträge auf Social Media reduzieren
  • den ganzen Prozess transparent und damit verständlich gestalten
  • die Chance erhöhen, dass Mitarbeiter wieder zurückkommen (Bumerang Mitarbeiter)
  • die Attraktivität als Arbeitgeber steigern und Talente anziehen

Ist Offboarding auch Trennungskultur?

So wie in vielen Unternehmen die ersten Monate eines neuen Mitarbeiters im Onboarding geplant werden, so sollte auch das Offboarding geplant werden. Verantwortlichkeiten, Abläufe, Prozesse, Rechtliches, Sicherheitsaspekte etc. das alles ist Teil des Offboarding. Aber wie der Umgang mit dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin gestaltet wird, wer wie welche Gespräche führt und welche Unterstützung angeboten werden kann, sind Teil der Trennungskultur und damit der Unternehmenskultur und ihrer Werte.

Leider ändert sich das Verhalten vieler Führungskräfte sobald klar ist, dass ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt. Während der verbleibenden Zeit wird er/sie anders behandelt. Hat er/sie womöglich selbst gekündigt, wird dies oft als Beleidigung und Undankbarkeit ausgelegt. Das ist eine Art und Weise im Umgang mit den Mitarbeitenden, die wir uns noch nie, aber ganz besonders in Zeiten eines Kandidatenmarktes, leisten konnten.

Maßnahmen für eine positive Trennungskultur

Hinhören und nachfragen

Fluktuation im Unternehmen ist normal und bis zu einem gewissen Grad auch gewünscht und notwendig. Austausch und neue Impulse kommen von neuen Mitarbeitern und ermöglichen die Weiterentwicklung der Organisation und der Mitarbeitenden. Geht es aber über ein gewisses Maß hinaus, ist der Schaden größer als der Nutzen. Umso wichtiger ist es, die Anzeichen für Unzufriedenheit zu erkennen. Ist die Stimmung eher gut oder schlecht, ist das Team ausgeglichen oder gibt es erste Anzeichen wie z.B. das Quiet Quitting als Zeichen für eine erhöhte Wechselbereitschaft?

Ein Jobwechsel ist heute „einfacher“ als früher, weil die Möglichkeiten besser und attraktiver sind. Die Kirschen in Nachbars Garten scheinen süßer, die Benefits lukrativer. Daher ist es wichtig, nah dran zu bleiben an Stimmungen, Gerüchten, Meinungen. Führungskräfte und Management sollten das Gespräch suchen, um möglichst frühzeitig eingreifen zu können.

Übrigens ist ein regelmäßiger Blick auf Bewertungsportale wie kununu und glassdoor sinnvoll. Meist zeigt sich dort sehr deutlich, wo es hakt und was genau bestehende und ausgeschiedene Mitarbeiter bemängeln.

Nutzen Sie außerdem Mitarbeiterbefragungen beim Onboarding, als jährliches Feedbacktool oder bei Exit-Gesprächen. Die Umfragen müssen aber eine positive Erfahrung sein, die den Mitarbeitenden zeigt, dass dem Unternehmen etwas an ihrer Meinung liegt. Sehen die Mitarbeitenden keine Veränderungen, werden die Befragungen irgendwann nicht mehr ernst genommen.

Trennungsgespräche führen kann/muss man lernen

Niemand führt sie gern, aber sie sind ein entscheidender Baustein in der letzten Phase der Employee Experience, auch um evtl. die Situation doch noch zum Positiven zu wenden. So ein Gespräch zu führen, liegt nicht jeder Führungskraft. Es hat sich in vielen unserer Gespräche mit Personalverantwortlichen gezeigt, dass Führungskräfte sich ein Coaching zur Unterstützung einer wertschätzenden Kommunikation wünschen. Damit werden sie sicherer und können gut vorbereitet in ein Trennungsgespräch gehen.

Insbesondere, wenn Mitarbeitende kündigen, sollte die Führungskraft nicht enttäuscht oder gar persönlich beleidigt reagieren. Das kann ich aus persönlicher Erfahrung nur unterstreichen.

Als junge Führungskraft hatte ich mit dieser Situation deutlich mehr Probleme als später mit mehr Führungserfahrung. Ich habe mich immer gefragt, was ich versäumt habe, und ob ich es hätte verhindern können. Geholfen hat mir ein Reframing und die umgekehrte Denkweise in Richtung „Geh und mach mich stolz“.

Man muss in der Trennungssituation immer den Menschen in seiner persönlichen Situation sehen. Das hilft, egal, ob der Mitarbeiter geht oder ob ich mich von ihm trennen muss. Ein befreundeter Personalleiter hat mir einmal gesagt, als ich ihn fragte, wie es ihm gehe, wenn er sich von Mitarbeitern trennen muss: „Mir geht es dabei nicht so wirklich gut, wenn es nicht so wäre, wäre ich kein Mensch. Ich versuche daher, weich zum Menschen zu sein, jedoch hart in der Sache zu bleiben, das ist mein Umgang damit“. Ein Umgang, den ich für sehr sinnvoll halte. Dabei hilft definitiv ein strukturierter Prozess allen Beteiligten.

Wahre Gründe hinterfragen

Manchmal sind Gründe für einen Wechsel vorgeschoben oder sehr viel vielschichtiger als auf den ersten Blick zu sehen. Versuchen Sie, den wahren Grund herauszufinden. Ist es wirklich das Gehalt, sind es weitere Benefits? Denn eine bessere Bezahlung ist meist nicht der einzige Grund für einen Jobwechsel. Passen die Arbeitszeiten nicht, liegt es an den Aufgaben, dem Team, an der Führung, den Vorgesetzen? Mit aufrichtigem Interesse auf sachlicher Ebene öffnen sich viele Mitarbeitende und es kommt zu einem Austausch, ohne Vorwürfe und persönliche Angriffe, aus dem Sie viele Ansatzpunkte für Verbesserungen ziehen können. Vielleicht können Sie den Mitarbeiter sogar wieder für sich gewinnen.

Der letzte Tag

Aber irgendwann ist er da, der letzte Arbeitstag. Er ist für alle Beteiligten mit vielen Emotionen verbunden und darf nicht so nebenbei quasi unter den Tisch gekehrt werden. Geben Sie den Kollegen Freiraum, diesen Tag kreativ und persönlich zu gestalten. Dies können ein Kuchen und eine Grußkarte, aber auch ein kleiner Feierabendumtrunk mit einer kurzen Ansprache direkter Kollegen/Kolleginnen sein.

Ein wertschätzender Abschied gibt dem ganzen Prozess einen passenden Abschluß, damit das Team am nächsten Tag seine Arbeit fortsetzen kann. Aber auch für den scheidenden Mitarbeiter ist diese Form des Innehaltens ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung. Sie legen einen guten Grundstein für ein mögliches Wiederkehren, aber auch für die Übergabe an den Nachfolger.

Nicht zu vergessen ist, dass die Führungsperson am letzten Arbeitstag anwesend sein sollte, um sich offiziell zu verabschieden. Ist dies nicht möglich, dann nehmen Sie sich kurz vorher ein paar Minuten Zeit für ein paar Worte und gute Wünsche für die Zukunft.

Mit diesen und noch anderen Maßnahmen, die zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Unternehmenskultur passen, können Sie Mitarbeiter bis zum letzten Tag wertschätzend begleiten. Wir würden uns wünschen, dass mehr Unternehmen sich dieser fordernden Aufgabe proaktiv stellen und eine faire und konfliktfreie Trennungskultur implementieren.

Gern unterstützen wir Führungskräfte mit unserem Coachingangebot, um Trennungssituationen souverän und angemessen zu meistern.

Für Sie zum Weiterlesen:

Trennungskultur und Bumerang Mitarbeiter – Rückkehrer gegen den Fachkräftemangel nutzen
KOFA konkret: Kündigungsgespräch gestalten (Podcast auf Spotify)

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