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Stillschweigende Kündigung: Wie Sie Quiet Firing erkennen und sich wehren können

Definition, Gründe, Warnzeichen und Gegenstrategien

In der Arbeitswelt gibt es eine besonders unfaire – weil subtile – Methode, Mitarbeitende aus dem Unternehmen zu entfernen, ohne ihnen zu kündigen: Quiet Firing.

Meist ist das Ziel, unangenehme Konfrontationen oder/und mögliche Abfindungszahlungen zu vermeiden. Dafür werden Mitarbeitende über einen längeren Zeitraum quasi vernachlässigt und vergrault, bis sie von sich aus kündigen. Dieses Phänomen wird auch als „stillschweigende Kündigung“ bezeichnet. Unter dem neuen Buzzword „Quiet Firing“ macht dieses altbekannte Probleme zur Zeit in den sozialen Medien auf sich aufmerksam.

Für die Betroffenen bedeutet Quiet Firing oft jahrelange Erfahrungen mit mangelnder Unterstützung, Anerkennung und verweigerten Aufstiegsmöglichkeiten. Die Mitarbeitenden werden auf diese Weise systematisch aus dem Unternehmen gedrängt, ohne dass sie eine faire Chance haben, ihre Situation zu verbessern.

Es ist wichtig, dass Arbeitnehmende das Phänomen des Quiet Firings erkennen und sich dagegen wehren.

Wie erkennen Arbeitnehmer Quit Firing?

Warnzeichen können sein:

  1. Keine Aufstiegsmöglichkeiten oder unfaire Vergütung
    Ausschluss von, eigentlich möglichen, Karriereschritten oder üblichen Gehaltserhöhungen. Keine Möglichkeit der Weiterentwicklung durch Fortbildungen – über mind. ein oder zwei Jahre hinweg.

  2. Zu wenige oder unnötige Aufgaben
    Mitarbeitende werden dazu genötigt, ihre Zeit abzusitzen oder völlig sinnfreien Arbeiten zu widmen. Sie werden nicht an Projekten beteiligt, bleiben auf Dauer auf der „Reservebank“ und bekommen keinerlei Informationen über anstehende Projekte oder Veränderungen.

  3. Keine Einladungen zu Meetings, keine neuen Aufgaben
    Mitarbeitende haben das Gefühl unnötig und lästig zu sein. Ihre Ideen und Vorschläge werden konsequent ignoriert.

  4. Dauerhaft keine konstruktive Kritik, kein sinnvolles Feedback
    Ein klassisches und deutliches Warnzeichen für Quiet Firing ist dauerhafte Kritik ohne konkrete Lösungsvorschläge.

Quiet Firing ist ein Problem des Management

Durch subtile Maßnahmen wollen Chefs Angestellte loswerden, obwohl Kündigungsschutz besteht. Die betroffene Person erlebt über Jahre hinweg Ablehnung, Ausschluss und Vernachlässigung. Erschreckend finden wir, dass sich manche Führungskraft noch nicht einmal der Konsequenzen ihres problematischen „Führungsstils“ bewusst ist.

Manche drücken sich aus Angst vor offener Konfrontation vor einem Kündigungsgespräch. Sie wählen die vermeintlich gefahrlose und elegante „Lösung“, dass der ungeliebte Mitarbeitende von sich aus kündigt.

Quiet Firing ist somit primär ein Managementproblem, das gelöst werden muss und das sich (eigentlich) kein Unternehmen in diesen Zeiten des Fach- und Führungskräftemangels mehr leisten kann.

Das US-amerikanische Online Magazin Joblist hat 2022 eine Studie durchgeführt, um herauszufinden, wie viele Arbeitnehmende in den USA Opfer von Quiet Firing geworden sind und welche Anzeichen auf eine solche Praxis hinweisen. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse der Studie:

  • Erstaunliche rund 35% (von 2.000 Befragten) gaben an, Opfer von Quiet Firing geworden zu sein
  • Das Alter spielt bei Quiet Firing keine Rolle. Sowohl jüngere als auch ältere Arbeitnehmende können betroffen sein.
  • Es gibt mehrere Anzeichen, die auf Quiet Firing hinweisen können (siehe Warnzeichen oben im Text)
  • Der Hauptgrund ist, dass Arbeitgeber Kündigungsschutzregelungen umgehen und keine Abfindungen zahlen wollen.

Die Studie und auch unsere viele Interviews mit Kandidaten, die wir im Rahmen unserer Personalberatung führen, zeigen, dass Quiet Firing ein ernsthaftes Problem ist und viele Arbeitnehmende betrifft.

Was sollten Arbeitnehmer gegen Quiet Firing unternehmen?

Quiet Firing ist ein Prozess, der sich in der Regel über längere Zeit erstreckt und sich allmählich durch eine Vielzahl von Vorfällen manifestiert. Die Grenze zum Mobbing wird in der Regel nicht überschritten, wodurch es subtiler wirkt und schwieriger nachzuweisen ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, vom Betroffenen zum Handelnden zu werden. Aber welche Möglichkeiten gibt es?

In erster Linie müssen Sie die Anzeichen möglichst frühzeitig erkennen und dann aktiv Schritte unternehmen, um sich dagegen zu wehren. Dies sind unter anderem:

  1. Dokumentieren Sie Ihre Aufgaben, Leistungen und Erfolge (!) schriftlich, um im Gespräch mit Führungskräften klare (belegte) Fakten zu haben.
  2. Wenden Sie sich an die Personalabteilung oder spezielle Beauftragte des Unternehmens, um sicherzustellen, dass Ihre Beschwerden protokolliert werden.
  3. Bei Vermutung von Diskriminierung aufgrund von Aussehen, Herkunft oder Geschlecht, suchen Sie auf jeden Fall das Gespräch mit Gleichstellungsbeauftragten oder ziehen Sie im Zweifel einen Anwalt hinzu.
  4. Auch wenn es Überwindung braucht, führen Sie ein direktes Gespräch mit Vorgesetzten, um ihr Unbehagen anzusprechen und über quantifizierbare Maßstäbe für „gute Arbeit“ zu sprechen. Teilen Sie ihm mit, was genau Sie stört und nutzen Sie die Dokumentation Ihrer Leistungen.
  5. Wenn der Arbeitgeber trotz Gespräch weiterhin ausbremst und Ihre Argumente ignoriert, ziehen Sie in Erwägung, das Unternehmen zu verlassen.

Führung durch offene Kommunikation und klare Anforderungen

Im Gegensatz zu Quiet Quitting geht Quiet Firing nicht von den Angestellten aus, sondern vom Management. D.h. das eigentliche Problem liegt beim Unternehmen selbst. Vorgesetzte, die Arbeitnehmende ausbremsen, bremsen langfristig das gesamte Unternehmen aus. Umso wichtiger ist es, dass die gesamte Führungsetage in eine gute Beziehung zu den Beschäftigten investiert und durch offene Kommunikation nach gemeinsamen Lösungen und Kompromissen sucht. Führungskräfte müssen sich verantwortlich fühlen und frühzeitig das offene und ehrliche Gespräch suchen. Denn…

…Trennung muss manchmal sein, aber auf keinen Fall so!

Klar ist, dass man sich immer mal wieder von einem Mitarbeitenden trennen muss. Aber im Unterschied zum indirekten Rausmobben, ist eine wertschätzende und frühzeitige Kommunikation der bessere Weg. Dazu gehört auch, nicht erst wenn „das Kind in den Brunnen gefallen ist“ das Gespräch zu suchen.

Aber wie schwer dies vielen Managern fällt, kann ich aus eigener Erfahrung und aus vielen Gesprächen mit Führungskräften, nachvollziehen. In meiner Zeit als noch junge Führungskraft habe auch ich die unangenehme Aufgabe eines kritischen Mitarbeitergesprächs oder gar eines Kündigungsgesprächs vor mich her geschoben. Ich hoffte, der Mitarbeitende werde schon irgendwann von selbst gehen und das Problem hat sich erledigt. Schnell war mir aber klar – mit entsprechender Selbstreflektion und Berufserfahrung – der einzige Weg ist eine offene Ansprache der problematischen Punkte.

Der einzige Weg

Wir werden nie müde zu empfehlen, neben einem systematischen Trennungsmanagement ebenso eine offene und transparente Kommunikationskultur zu etablieren. Dazu gehört auch, verständliche und klare Erwartungen an die Leistung der Mitarbeitenden zu definieren (schriftlich) und ihnen regelmäßig Feedback zu geben. Zudem sollten Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden ermutigen, ihre Meinungen und Bedenken zu äußern und auf diese eingehen. Hierzu sind regelmäßige Mitarbeitergespräche Pflicht, um Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten.

Darüber hinaus kann es hilfreich sein, eine unabhängige Vertrauensperson im Unternehmen zu haben, an die sich Mitarbeiter bei Problemen wenden können. Wenn Unternehmen proaktiv handeln und sich für das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter einsetzen, können sie Quiet Firing vermeiden und eine gesunde Arbeitsumgebung schaffen.

Gezieltes Führungskräftecoaching wirkt präventiv

Ein externer Coach kann in dieser Situation helfen, die Ursachen für das Quiet Firing zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu können beispielsweise Einzelgespräche oder Workshops mit den Führungskräften durchgeführt werden, um eine offene Kommunikation und einen konstruktiven Austausch zu fördern. Der Coach kann zudem bei der Implementierung von transparenten Leistungsbeurteilungen und klaren Zielsetzungen im Rahmen von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen unterstützen. Auf diese Weise kann das Unternehmen das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeiter stärken und so langfristig die Arbeitsatmosphäre und Effizienz verbessern.

Arbeitgeber müssen sich bewusst sein, dass Quiet Firing langfristig negative Auswirkungen auf das Unternehmen hat, da es zu einem Verlust von wertvollen Mitarbeitern und einem schlechten Image führen kann. Kaum eine schlechte Erfahrung bleibt ungesagt, in der Regel leidet die Reputation des Unternehmens, evtl. sogar öffentlich z.B. auf Arbeitgeberplattformen wie kununu.

Sprechen Sie uns an für ein Coaching von Führungskräften bei den Themen Konflikte und das Führen von Mitarbeitergesprächen.

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