Leadership

Überhöhte Gehaltsforderungen: So reagieren Sie souverän und wertschätzend

Was tun, wenn Mitarbeitende hoch pokern?

In Zeiten des Fachkräftemangels sehen sich Unternehmen immer häufiger mit überzogenen Gehaltsforderungen von Mitarbeitenden konfrontiert. Stets verfügbar kursieren im Internet zahllose Tipps, die Arbeitnehmende dazu ermutigen, ihre Verhandlungsmacht auszuspielen und hohe bzw. überhöhte Forderungen zu stellen. Doch die Gehaltsangaben im Netz bieten keine verlässliche Vergleichsbasis. Sie sind kaum transparent und spiegeln selten die spezifischen Unternehmenskontexte und Marktbedingungen wider. Nichtsdestotrotz, müssen sich Führungskräfte damit auseinandersetzen, wie sie solchen Forderungen wertschätzend begegnen. Sie bewegen sich in einem Spannungsfeld, denn sie wollen den Mitarbeiter halten, dürfen aber auch die Interessen des Unternehmens nicht aus den Augen verlieren.

In diesem Blogbeitrag zeigen wir auf, wie Sie als Führungskraft angemessen und souverän auf überzogene Gehaltsforderungen reagieren können – zum Wohle des Unternehmens und in Anerkennung der Leistungen Ihrer Mitarbeitenden.

Wer die Macht hat, nutzt sie

Der Arbeitnehmermarkt fördert sicherlich die Taktik von Kandidaten oder Mitarbeitenden, höher bei Gehaltsforderungen zu pokern als es gerechtfertigt ist. Dies zu erkennen und als Personalverantwortlicher klare Grenzen zu setzen, ist eine echte Herausforderung. Will ein Unternehmen einen Kandidaten unbedingt für sich gewinnen oder einen Mitarbeitenden um jeden Preis halten, sollten und müssen die Verantwortlichen zwar einen Verhandlungsspielraum einplanen. Wenn jedoch die Gehaltsvorstellung das unternehmensinterne Vergütungsgefüge sprengt, ist es wichtig, deutlich zu machen, dass überzogene Ansprüche diese Person auch disqualifizieren können.

Um überzogene Forderungen zu erkennen und souverän reagieren zu können, ist eine gute Vorbereitung ausschlaggebend.

Gut vorbereitet ins Gespräch kommen

 

Als Führungskraft bereiten Sie sich auf ein Gehaltsgespräch bestmöglich vor, mit externen und internen Daten. Extern können Sie auf verlässliche Benchmark-Daten zugreifen. Intern betrachten Sie das bestehende Gehaltsgefüge im Team und in der Abteilung. Sie berücksichtigen die finanziellen Möglichkeiten und Budgetvorgaben des Unternehmens und beachten die internen Gehaltsrichtlinien und -strukturen.

Selbstverstädnlich zählen ganz individuell die Leistungen des Mitarbeiters. Reflektieren Sie vorab die bisherigen Leistungen, übernommene Verantwortungen und seine fachliche und persönliche Entwicklungsgeschichte. Bewerten Sie seinen individuellen Beitrag zum Unternehmenserfolg und das Potenzial für die Zukunft.

Legen Sie eine Untergrenze und eine Obergrenze für das Gehalt fest. Überlegen Sie sich mögliche Alternativen zur reinen Gehaltserhöhung, wie Bonuszahlungen oder Zusatzleistungen, auf die nachfolgend noch eingehen.

Was ist aber, wenn …

Bereiten Sie sich auf das Szenario vor, wenn Sie die Gehaltsforderung ablehnen müssen. Eine Ablehnung birgt das Risiko, den Mitarbeiter zu demotivieren oder zu verlieren. Zwar ist das Gehalt nicht der einzige, aber ein wesentlicher Faktor dafür, dass Ihre Mitarbeiter gerne und engagiert bei Ihnen im Unternehmen arbeiten. Empfindet ein Mitarbeiter seine Bezahlung als unfair, kann dies langfristig die Motivation und in der Folge die Produktivität negativ beeinflussen. Dies kann sich auch auf das Team auswirken, der Flurfunk ist schneller als vielen lieb ist.

Gehaltsgespräche sollten in der Regel alle 12-24 Monate geführt werden, wobei besondere Anlässe frühere Verhandlungen rechtfertigen. Eine zu häufige Forderung nach Gehaltserhöhungen (z.B. alle paar Monate) sollte jedoch vermieden werden. So können individuelle Zielvereinbarungen, die mit einer Gehaltsanpassung verbunden sind, zeitnah und transparent überprüft werden.

Im Gespräch bleiben

Das wichtigste zuerst: Zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter während des Gesprächs, dass Sie seine Gehaltswünsche ernst nehmen. Ob er eine Gehaltstabelle heranzieht, seinen Kollegen als Vergleich nimmt oder mit dem gestiegenen Gewinn des Unternehmens argumentiert, hören Sie aufmerksam zu und führen Sie die Verhandlung ruhig und auf Augenhöhe.

Nennt er eine überzogene Summe, prüfen Sie, ob seine Leistung seine Forderung rechtfertigt. Hinterfragen Sie gezielt: „Welche Gründe sehen Sie für diesen Gehaltssprung?“ und weisen Sie darauf hin, dass üblicherweise zwei bis drei Prozent pro Jahr marktüblich sind – wie kommt er auf eine höhere Summe? Versuchen Sie herauszufinden, was die eigentlichen Gründe für die hohe Gehaltsforderung sind. Oft stecken andere Motive dahinter.

  • Befindet sich der Mitarbeiter privat in einer finanziellen Notlage?
  • Hat er ein anderes Angebot vorliegen?
  • Fühlt er sich und seine Arbeit zu wenig wertgeschätzt?
  • Passen die Anforderungen an ihn nicht mit seiner Stellenbeschreibung überein oder überschreiten sie diese?

Ein offenes Gespräch kann helfen, die wahren Bedürfnisse zu erkennen. Für Sie eröffnen sich konkrete Möglichkeiten zu reagieren.

Sachlich argumentieren

Kennen Sie die Hintergründe, können Sie freundlich aber bestimmt erklären, warum die geforderte Erhöhung nicht möglich ist. Die sachliche Ebene ist möglich, wenn Sie konkrete Gründe nennen,  wie z.B. das Gehaltsgefüge im Team oder budgetäre Grenzen.

Weisen Sie darauf hin, dass ein größerer Gehaltssprung nur dann vorstellbar ist,  wenn sich dies in der Leistung widerspiegelt – gemessen an objektiven Kriterien, die für jeden im Unternehmen nachvollziehbar und transparent sind. Liegt diese Leistung nicht vor, lehnen Sie die Anfrage nicht einfach nur ab. Zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter eine klare Perspektive auf.

Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, weil er ein vermeintlich besseres Angebot bekommen hat. Vielmehr stellt sich an diesem Punkt für mich persönlich die Frage, ob dieser Mitarbeiter noch der richtige für Ihr Unternehmen ist. Denn wenn Sie aufzeigen, dass eine Gehaltssteigerung möglich ist, diese aber an Ziele oder Ergebnisse geknüpft ist, sollte das Ansporn sein, die Leistung zu steigern, mehr Verantwortung zu übernehmen oder sich zu qualifizieren. Haben Sie eine solche Zielvereinbarung abgesprochen, ist es für beide verbindlicher, wenn Sie sich auf ein Datum oder einen Zeitraum einigen, um erneut über das Gehalt zu sprechen.

Alternativen anbieten

Sie haben sicherlich schon die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter offen für Alternativen zu einer reinen Gehaltserhöhung sind. Vielleicht ergeben sich aus den Beweggründen für eine Gehaltserhöhung sinnvolle Benefits, die steuerlich für beide Seiten lukrativ sind. Als Arbeitgeber können Sie Sachbezüge anbieten, auf die häufig keine oder nur geringe Steuern anfallen, hier nur als Stichworte aufgelistet, da sich die steuerlichen Grundlagen immer wieder ändern:

  • Firmenwagen
  • Fahrtkostenzuschuss
  • Firmen Fahrrad
  • Monatliche Sachbezüge
  • Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
  • Jobticket (ÖPNV)
  • Betriebliche Altersvorsorge
  • Zuschuss zur Kinderbetreuung
  • Mitarbeiterbeteiligung

Haben Sie sich auf Sachbezüge geeinigt, sprechen Sie mit ihm offen darüber, wann eine Gehaltserhöhung erneut verhandelt wird. Zwar liegt der Abstand zwischen den Gesprächen meist bei 12 Monaten, aber in Ausnahmefällen ist eine erneute Gehaltsverhandlung sogar früher angebracht, etwa wenn

  • ein großes Projekt erfolgreich beendet wurde.
  • ein wichtiger Kunden gewonnen wurde.
  • die Führungsverantwortung steigt.
  • Aufgaben übernommen werden, die nicht in der Jobbeschreibung stehen.

Dies gilt selbstverständlich ebenso, wenn unternehmensintern neue Budgets freigegeben werden, um Mitarbeitende für herausragende Leistungen zu belohnen.

Wer fragt, gewinnt! Wer nicht fragt, verliert?

Aus unserer Beratungspraxis und im Gespräch mit HR wissen wir, dass es nicht nur Mitarbeitende gibt, die gern hoch pokern und ihre Gehaltsgrenzen ausloten, sondern auch Personen, die nicht aktiv nach mehr Gehalt fragen. Sie hoffen still darauf, dass ihr Einsatz wahrgenommen und entsprechend honoriert wird. Diese Menschen verlassen sich darauf, dass die Führungskraft das Thema anspricht. Für Führungskräfte ist es daher wichtig, diese Mitarbeitenden ebenso im Blick zu behalten und regelmäßig ihre Gehaltssituation zu überprüfen.

Zu den stillen Mitarbeitenden gehören oft Frauen, denn das Thema Gehaltsverhandlungen ist insbesondere für Frauen eher unangenehm. Zudem werden Frauen und Männer unterschiedlich wahrgenommen und bewertet, wenn es um Gehaltsforderungen geht. In einem vorigen Blogbeitrag beschäftigten wir uns ausführlich mit dem häufig geringerem Selbstbewusstsein und gesellschaftlichen Zwängen, womit Frauen in Gehaltsverhandlungen zu kämpfen haben.

-> Blogbeitrag: Selbstbewusst zum Erfolg: Frauen in Gehaltsverhandlungen

Frust zeigt sich oft zu spät

Der Frust, der sich bei stillen Mitarbeitern bei anhaltender Ungerechtigkeit  anstaut, besonders wenn Kollegen bereits eine Gehaltserhöhung durchsetzen konnten, kann sich leider oft erst zu spät in Form einer (plötzlichen) Kündigung Luft machen. Manchmal kündigen sie auch mit einem lauten (öffentlichen) Knall (Loud Quitting). Um dies zu verhindern, sollten Führungskräfte genau im Blick haben, wer sich nicht traut, nach mehr Gehalt zu fragen. Regelmäßige Personal- und Entwicklungsgespräche sind hier essenziell. Außerdem ist es ein Mythos, dass Kollegen nicht untereinander über Gehälter sprechen.

Herausforderung für Führungskräfte und HR

Gehaltsgespräche sind häufig eine Herausforderung für Führungskräfte und Personalverantwortliche. Sie stehen unter Druck, denn sie sollen sowohl die Mitarbeitenden halten und motivieren als auch innerhalb der Budgets und Gehaltsstrukturen Grenzen aufzeigen. Zudem spricht man in Deutschland immer noch ungern über Geld, was Gehaltsverhandlungen nicht angenehmer macht – für beide Seiten.

Greifen Sie daher auf eine möglichst sachliche Gesprächsführung zurück. Emotionen sollten außen vor bleiben. Stattdessen sind Respekt, Wertschätzung und Empathie gefragt. Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, den Wert der Mitarbeitenden anzuerkennen und finanziell zu würdigen, ohne jedoch – das ist uns wichtig –  die Prinzipien von „Leistung und Gegenleistung“ aus den Augen zu verlieren.

Noch einmal möchten wir betonen, dass es bei einer Gehaltsverhandlung nie nur ums Geld geht. Genauso wichtig sind Zufriedenheit und Motivation. Zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter, dass Sie eine Lösung finden wollen, die für beide Seiten akzeptabel ist. Betonen Sie seine Leistungen und den Wert für das Unternehmen. Eine Ablehnung der Gehaltsforderung bedeutet nicht, dass seine Arbeit nicht geschätzt wird. Vereinbaren Sie einen konkreten Zeitpunkt für ein Folgegespräch, um die Entwicklung und mögliche Gehaltsanpassungen erneut zu besprechen.

Mit diesem ausgewogenen Ansatz können Sie als Führungskraft professionell mit überzogenen Gehaltsforderungen umgehen, ohne den Mitarbeiter zu demotivieren oder das Verhältnis nachhaltig zu belasten.

Für Führungskräfte, die sich in solchen Situationen sicherer fühlen und ihre Verhandlungskompetenzen verbessern möchten, bieten wir gezieltes Führungskräftecoaching an. Unser Coaching unterstützt Sie dabei, Gehaltsgespräche erfolgreich und wertschätzend zu führen, während Sie gleichzeitig die Unternehmensinteressen wahren.

Zum Weiterlesen

Personalwirtschaft Beitrag, August 2024
Mit Strategie gegen Bluffen und Pokern

CIO Magazin, Februar 2024
Die wichtigsten Alternativen zur Gehaltserhöhung

 

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