Recruiting-Trends

Ungenutztes Potential – vergessen Sie die Best Ager nicht!

Erfahrung trifft Motivation – warum die Generation 50+ so wertvoll ist

Der demografische Wandel und der zunehmende Fachkräfte- oder eher der Arbeitnehmermangel, fordern ein Umdenken – vor allem von Seiten der Arbeitgeber, die noch in Klischees in Bezug auf 50+ Kandidaten denken und handeln. Dabei sind das die üblichen Klischees: Ältere Arbeitnehmer sind häufiger krank, wenig motiviert, haben hohe Gehaltsvorstellungen, sie sind langsam und unflexibel, wollen nichts Neues lernen und vieles mehr schwirrt in so manchen Köpfen herum.

Ein Change im Mindset ist notwendig

Im nachfolgenden Blogbeitrag möchten wir mit ein paar Vorurteilen aufräumen und Impulse für einen Change im Mindset geben. Das bedeutet für Personaler und Führungskräfte, Vorurteile abzubauen und sich aktiv für eine altersdiverse Belegschaft einzusetzen, die nicht nur dem Unternehmen, sondern der gesamten Wirtschaft zugutekommt.

Dass diverse Teams ein Erfolgsfaktor in der Arbeitswelt sind, ist inzwischen bei vielen Unternehmen angekommen: Verschiedene Studien zeigen, dass diverse Teams erfolgreicher sind als homogene Gruppen und bessere Entscheidungen für das Unternehmen treffen. Das zu dieser Diversität neben Geschlecht, Kultur und Ethnie auch unterschiedliche Generationen gehören und dabei 50+ viele Vorzüge bieten, muss in die Köpfe der Verantwortlichen.

Aus dem Blick verloren – Generation 50+

Wir können es uns immer weniger leisten, uns über den Fachkräftemangel zu beschweren – und dann mit Blick auf das Geburtsdatum fast schon automatisch Bewerbern über 50 abzusagen. Denn die „Fische im Teich“ werden weniger, wir müssen – um im Bild zu bleiben – tiefer tauchen und den Köder anpassen.

Werden es wirklich weniger Fische, sprich Kandidaten, im Teich?

Im Mai 2024 meldete das Statistische Bundesamt Rekordzahlen für den Arbeitsmarkt: 45,9 Millionen Menschen waren zu diesem Zeitpunkt in Deutschland erwerbstätig, so viele wie nie zuvor. Das bedeutet aber auch, dass der Markt der (jungen) Arbeitskräfte leer ist. Daraus folgt, noch ungenutzte Zielgruppen anzusprechen ist notwendig, wie z.B. Fachkräfte aus dem Ausland und Frauen, aber ebenso Kandidaten ab 50 Jahren.

Die hohe Zahl der Erwerbstätigen verdeutlicht uns auch, dass der Fachkräftemangel vor allem ein demografisches Problem ist. Immer weniger Arbeitskräfte stehen einer steigenden Zahl suchender Arbeitgeber gegenüber. Kein Unternehmen kann es sich noch leisten, irgendeine Kandidatengruppe beim Recruiting zu vernachlässigen. Warum dies immer noch nicht bei allen Unternehmen angekommen ist, liegt sicherlich an hartnäckigen Vorurteilen und Klischees.

Aber: Vorurteile bringen keinen Vorteil!

Sie halten sich hartnäckig. Vorurteile, fast schon Stereotype, die ältere Kandidaten von vornherein und sehr früh aus dem Recruitingsprozess ausschließen. Aus den vielen Gesprächen auf beiden Seiten, der Unternehmen und der Kandidaten, erkennen wir häufig ein Unterschätzen älterer Bewerber.

Vorurteile prägen die personalpolitischen Entscheidungen. Sie sind eben so bequem und einfach, wie z.B.ältere Mitarbeitende sind

… nicht anpassungsfähig?

Ein häufiges Vorurteil ist, dass ältere Mitarbeitende weniger produktiv und weniger anpassungsfähig seien als ihre jüngeren Kollegen. Dieses Bild wird durch stereotype Annahmen verstärkt, die besagen, dass ältere Menschen Schwierigkeiten mit neuen Technologien haben und weniger lernbereit sind.

Studien belegen, dass ältere Arbeitnehmer nicht nur genauso produktiv sein können wie jüngere, sondern in vielen Fällen sogar effizienter arbeiten. Motivation und Erfahrung sind eine großartige Basis für das Lernen neuer Skills. Ihre langjährige Berufserfahrung und ihre ausgeprägten Problemlösungskompetenzen tragen dazu bei, dass sie Aufgaben schneller und mit weniger Fehlern erledigen.

Zudem haben viele ältere Arbeitnehmer im Laufe ihrer Karriere bereits mehrere technologische Veränderungen erlebt. Sie mussten sich anpassen, ob es um Digitalisierung, technischen Fortschritt oder Marktveränderungen geht. Nur mit der Bereitschaft sich der Veränderung zu stellen und sich anzupassen, konnten sie weiterhin im Beruf erfolgreich sein.

… häufiger krank?

Ein weiteres häufiges Vorurteil ist der vermeintlich hohe Krankenstand älterer Mitarbeitender. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass ältere Mitarbeitende zwar möglicherweise länger für die Erholung von Erkrankungen benötigen, jedoch insgesamt nicht häufiger krank sind als jüngere Kollegen – natürlich immer abhängig von der Belastung im Job.

Ihre stabilere Lebensweise und Erfahrung im Umgang mit Stress tragen oft zu einer insgesamt besseren Gesundheit bei. Die Achtsamkeit ist größer und damit verbunden eine gesündere Lebensweise. Darüber hinaus sind sie weniger geneigt, sich bei kleineren Beschwerden krankschreiben zu lassen, was zu einer stabileren Präsenz am Arbeitsplatz führt. Die anstrengende Zeit mit kleinen Kindern liegt ebenso hinter ihnen und damit weniger Ausfallzeiten.

… nicht innovativ?

Auch die Annahme, dass ältere Arbeitnehmer weniger innovationsfreudig seien, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand. Viele ältere Mitarbeiter bringen wertvolle, kreative Lösungsansätze ein, die auf ihrer umfassenden Erfahrung basieren.

Sie haben bereits verschiedene Marktveränderungen und technologische Fortschritte miterlebt und sind daher oft besser in der Lage, die langfristigen Auswirkungen neuer Entwicklungen einzuschätzen. Ihre Innovationsfähigkeit liegt weniger in der Anwendung neuer Technologien, sondern vielmehr in der strategischen Nutzung dieser Technologien zur Lösung komplexer Geschäftsprobleme.

… zu teuer?

Das Argument, ältere Mitarbeiter würden zu hohe Personalkosten verursachen, trifft in den meisten betrieblichen Kontexten nicht zu. Berücksichtigt man neben den reinen Personalkosten auch die Aktions- und Reaktionskosten im Personalbereich sowie den Nutzen, der durch die Potentiale älterer Mitarbeiter entsteht, ergibt sich ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis. Und selbst wenn das Gehalt älterer Arbeitnehmer tendenziell höher ist, müssen Unternehmen die Kosten für Recruiting, Einarbeitung und Ausbildung ins Kalkül ziehen. Diese fallen häufig deutlich geringer aus, als bei Berufseinsteigern. Vergessen wir außerdem nicht, dass in der Regel junge Mitarbeitende häufiger den Job wechseln, was zusätzliche Recruitingkosten für das Unternehmen bedeutet.

Die Einarbeitungszeit ist in der Regel geringer durch die vorhandene Expertise, das heißt wiederum, die Produktivität ist höher. Ein klarer Kostenvorteil für ältere Semester.

Zudem beobachten wir in unserer Personalberatung häufig, dass älteren Kandiaten zwar ein gewisses Einkommen wichtig ist, aber sie keine übertriebenen Gehaltssprünge erwarten. Wenn eine Aufgabe für sie interessant ist, zeigt diese Gruppe eher Bereitschaft zurückzustecken. Im Zweifel sollten man immer zuerst ein Gespräch führen, das kann sich lohnen!

Ein (leider) wenig genutzter Kandidatenmarkt

In einer 2023 veröffentlichten Studie der Königsteiner Gruppe wurde nach der beruflichen Perspektive erfahrener Arbeitnehmer (knapp 3.000 zwischen 50 und 65 Jahren) gefragt. Von ihnen konnten sich mehr als 40 Prozent einen Jobwechsel in den nächsten zwei Jahren vorstellen. Sie stehen dem Arbeitsmarkt also zur Verfügung.

Ergänzend fand man im späteren Whitepaper heraus, dass der Anteil der Beschäftigten, die über das Rentenalter hinaus arbeiten möchten, bei 77% liegt. Davon sagen 19 % , dass sie ihr derzeitiges Unternehmen verlassen und stattdessen lieber ausschließlich für ein anderes Unternehmen arbeiten möchten. Auch das sind potentiell Wechselwillige, denen aber oft kein Stellenangebot gemacht wird, weder von Headhuntern noch von Unternehmen. Sie anzusprechen und aktiv zu „umwerben“ hat überzeugende Vorteile für mittelständische Unternehmen.

Vorteile Generation 50plus

Erfahrung und Fachwissen

Ältere Mitarbeitende verfügen oft über eine langjährige Berufserfahrung und ein tiefes Verständnis ihres Fachgebiets. Sie können ihr Wissen und ihre Erfahrungen an jüngere Kollegen weitergeben und so zur Förderung des Wissensaustauschs im Unternehmen beitragen.

Ihre langjährige Praxis ermöglicht es ihnen, komplexe Probleme schnell und effizient zu lösen, da sie auf bereits erlebte und gelöste Problemsituationen zurückgreifen können. Dies ist besonders wertvoll in Branchen, in denen spezialisierte Kenntnisse und ein tiefes Verständnis von Prozessen und Strukturen entscheidend sind.

Engagement und Motivation

Best Ager sind in der Regel hochmotiviert und engagiert. Sie suchen nach einer sinnvollen Beschäftigung und wollen ihre Fähigkeiten und Talente einsetzen, um einen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten. Außerdem ist im Alter von über 50 Jahren die Familienplanung in der Regel abgeschlossen. Diese Generation ist oft flexibler als junge Mitarbeitende. Viele sind neugierig, aufgeschlossen, wollen etwas Neues machen und ihr Wissen dabei einbringen.

Gelassenheit statt Hektik

Ältere Mitarbeitende sind meist gelassener. Sie haben während ihrer langjährigen Berufserfahrung schon einige Herausforderungen und Krisen gemeistert. Während jüngere Kollegen in stressigen Situationen oder unter hohem Druck oft nervös und unsicher reagieren, bleiben ältere Mitarbeitende eher ruhig und besonnen. Diese Ruhe kann entscheidend dazu beitragen, eine positive und produktive Arbeitsatmosphäre zu bewahren, selbst wenn es hektisch wird.

Sozialkompetenz und Konfliktfähigkeit

Sie haben oft eine hohe Sozialkompetenz und können gut mit Menschen umgehen. Sie sind in der Lage, Konflikte zu lösen und ein positives Arbeitsklima zu schaffen.

Zuverlässigkeit und Loyalität

Best Ager sind loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber und haben eine geringe Bereitschaft, den Job (noch einmal) zu wechseln. Dies führt zu einer geringeren Fluktuation und einem stabilen Arbeitsumfeld. Sie sind bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Sie sind es gewohnt, kontinuierlich und konsequent ihre Aufgaben zu erfüllen und haben in der Regel eine starke Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber entwickelt. Diese Eigenschaften tragen nicht nur zu einer stabilen Arbeitsatmosphäre bei, sondern können den Teamgeist positiv beeinflussen. Sie bringen Ruhe und Beständigkeit in Teams, was in stressigen oder herausfordernden Phasen besonders wertvoll ist.

Mentoring und Wissenstransfer

Sie können jüngere Kollegen anleiten und ihr Wissen weitergeben, was nicht nur zur Entwicklung der Nachwuchskräfte beiträgt, sondern auch die langfristige Wissenssicherung im Unternehmen unterstützt. Durch ihre Erfahrung können sie als Mentoren fungieren und wertvolle Ratschläge geben, die auf jahrelanger Praxis basieren. Dies fördert eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Weiterentwicklung innerhalb des Unternehmens.

Und noch vieles mehr:

  • Disziplin und Toleranz
  • Sorgfalt und persönliche Stabilität
  • ausgeprägte Arbeitsmoral
  • gute kommunikative Fähigkeiten
  • sehr gute Urteilsfähigkeit
  • großes Verantwortungsbewusstsein
  • komplexe Problemlösungsstrategien
  • hohe Kompetenz bei der Risikoeinschätzung

Insgesamt bieten ältere Arbeitnehmende eine Fülle von Vorteilen.

Unternehmen, die sich bewusst dafür entscheiden, diese Kandidaten aktiv zu rekrutieren und zu integrieren, können ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken. Es liegt an den Personalverantwortlichen und Führungskräften, die Potenziale dieser erfahrenen Arbeitskräfte zu erkennen und gezielt zu nutzen.

Strategien zur Förderung der Einstellung von Kandidaten über 50

Anpassung der Rekrutierungsprozesse

Generell kann ein Unternehmen, das durch die Vergrößerung seiner Zielgruppe auf Best Ager, seine Recruitingkosten senken. Die noch wenig „umgarnten“ Best Ager erreicht man mit passenden Angeboten und Benefits sehr viel besser und direkter. Mit entsprechender Ansprache fallen Sie als Arbeitgeber auf! Denn die Generation 50 plus möchte angesprochen werden und nicht selbst auf Jobsuche gehen.

In der Unternehmenskommunikation und speziell der Arbeitgebermarke, sollte sich ein potentieller Kandidat in höherem Alter wiederfinden. Das beginnt bei der Nutzung von klassischen Jobportalen, der Darstellung auf der Website bzw. Karriereseite sowie die regionale Präsenz vor Ort durch Events oder Jobmessen. Denn Recruitingkampagnen auf TikTok oder Instagram sprechen diese Zielgruppe nicht an.

Stellenbeschreibung/Karriereseite

Finden sich ältere Kandidaten in der Stellenbeschreibung Ihres Unternehmens wieder? Zwar verbietet das Antidiskriminierungsgesetz ausdrücklich, spezifisch nach jungen Talenten zu suchen, genauso wie eine bevorzugte Einstellung von Menschen ab einem gewissen Alter, aber dies geschieht häufig unbewußt.

Wir als Personalberater erleben häufig, dass eine Altersgrenze nicht erst beim Bewerbungseingang gezogen wird, sondern bereits bei der Formulierung der Stellenanzeige. Dabei ist ein sehr lockerer, fast flapsiger Ton sicherlich nicht die richtige Ansprache für Kandidaten mit entsprechender Erfahrung.

Hiervon sind ältere Kandidaten eher abgeschreckt:

  • Ansprache Du statt Sie
  • Fotos ausschließlich junger Menschen
  • Beschreibung wie „junges, dynamisches Team sucht“
  • lockere Sprache, flapsige Begriffe, GenZ Modewörter

Weiterbildungsangebote

Unterstützen Sie ältere Mitarbeitende durch maßgeschneiderte Einzelcoachings, Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote und fördern sie die Bildung altersgemischter Teams. Best Ager sind durchaus ehrgeizig, weil sie in ihrem beruflichen Endspurt ihre Leistung noch einmal unter Beweis stellen wollen.

Schulung und Sensibilisierung

Personalverantwortliche und Führungskräfte können durch Schulungen und Sensibilisierung aus ihren, oft unbewusst verankterten, Denkmustern gelöst werden. Hierfür müssen Raum und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Denn Grundvoraussetzung ist die Erkenntnis, welches große Potential die Generation 50+ und welche Vorteile ein altersdiverses Team bieten.

Best Ager gezielt ansprechen

Vergessen Sie vor lauter Hype rund um die GenZ nicht die Generation 50 plus. Holen Sie auch diese Generation dort ab, wo ihre Bedürfnisse sind. Gewinnen Sie eine Zielgruppe für sich, die alles schon mitbringt, was sich ein Arbeitgeber wünscht: Erfahrung, Motivation, Kompetenz, Disziplin und Zuverlässigkeit.

Unternehmen, die bewusst auf die Stärken älterer Mitarbeiter setzen und von deren Expertise profitieren, haben erkannt, dass ein altersdiverses Team zu einer ausgewogeneren und effizienteren Arbeitsweise führt.

Zum Weiterlesen

Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Studie: Diskriminierung in Stellenanzeigen (PDF)

Website Bundesverband Initiative 50 Plus

Zeitsilber – Fachkräfteportal 50plus
Was wünschen sich 50+ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland?

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
prognos Studie: Erfahrung rechnet sich

Bundesagentur für Arbeit
April 2024: Best Ager am Arbeitsmarkt: Eine ungenutzte Ressource im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG
2018: Ältere Mitarbeitende – Klischee und Wirklichkeit

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